NACH DEM URTEIL
Hartz IV – Regierung sieht keinen Handlungsbedarf
27. Januar 2009, 15:18 Uhr
Während sich die sozialen Verbände über das Hartz-IV-Urteil des Bundessozialgerichtes freuen und neue Forderungen stellen, bleibt die Politik ruhig. Es gebe keinen aktuellen Handlungsbedarf, sagte ein Sprecher des Arbeitsministeriums. Der deutsche Kinderbund macht klar: Das Urteil ist eine "Klatsche für die Politik."
Obwohl das Bundessozialgericht die Hartz-IV-Sätze für Kinder unter 14 Jahre als verfassungswidrig eingestuft hat, sieht die Bundesregierung keinen akuten Handlungsbedarf.
Mit dem am Dienstag beschlossenen Konjunkturpaket würden die Sätze für genau diese Altersgruppe angehoben, sagte der Sprecher des Arbeitsministeriums, Hannes Schwarz.
Insofern sei man „ganz guter Dinge“, dass man die beiden wichtigsten Kritikpunkte des Gerichts bereits abgearbeitet habe, sagte Schwarz. Er verwies auch auf die versprochenen zusätzlichen Leistungen aus den Schulbedarfspaketen für arme Kinder. Trotzdem werde man das Urteil noch genau prüfen, betonte der Sprecher.
Eine grundsätzliche Reform der Kinder-Regelsätze, wie sie Wohlfahrtsverbände fordern, plant die Regierung nach seinen Worten nicht. „Das ist leichter gesagt als getan.“ Denn der Bedarf bestimme sich nach sogenannten Haushaltsbüchern, und innerhalb einer Familie sei nicht zu trennen, welches Geld für wen ausgegeben werde. Die jetzige Methode, die Kinder-Sätze vom Bedarf eines Erwachsenen abzuleiten, sei die genaueste.
22. Dezember 2008
Arme Kinder könnten Verlierer der Finanzkrise werden
Berlin - Arme Kinder drohen aus Sicht des Kinderschutzbunds zu Verlierern der aktuellen Wirtschaftskrise zu werden. Schon in den vergangenen Boomjahren sei die Zahl der Kinder und Jugendlichen aus Hartz-IV-Familien auf 2,5 Millionen gestiegen, sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers der Nachrichtenagentur AP in Berlin. «Das wird die Wirtschaftskrise nun noch verschärfen.» Dringend nötig sei eine Aufstockung des Hartz-IV-Regelsatzes für Heranwachsende. Auch der Kinderzuschlag für Geringverdiener müsse steigen.
Der Hartz-Regelsatz für Kinder beträgt aktuell 211 Euro monatlich, das sind 60 Prozent der Zahlung an Erwachsene. «Die Summe ist gegenüber den wirklichen Bedürfnissen eines Kindes sehr respektlos», sagte Hilgers. Der Bedarf von Kindern müsse gesondert berechnet und erhöht werden - je nach Alter auf 276 bis 325 Euro. «Ein Erwachsener kann mit dem Wintermantel und seinen Schuhen vielleicht ein paar Jahre auskommen. Kinder brauchen aber jedes Jahr einen neuen Anorak und noch öfter neue Schuhe.»
Hilgers klagte zudem über die wachsende Zahl von Aufstockerfamilien mit niedrigen Einkommen, die zusätzlich Hartz-IV beziehen müssen, weil sie anders ihre zwei oder drei Kinder nicht ernähren können. Um ihnen zu helfen, müsse der Kinderzuschlag von aktuell 140 Euro im Monat kräftig steigen, meinte Hilgers. «Ich schlage 175 Euro ab dem ersten Kind vor und 225 Euro ab dem dritten Kind. So könnten 700.000 Aufstockerfamilien aus dem Hartz-IV-Bezug geholt werden. Denn mit dem jetzigen Zuschlag werden nur knapp 200.000 erreicht.»
Schulstarterpaket «völlig unzureichend»
Scharfe Kritik übte Hilgers auch am neuen «Schulhilfspaket» von 100 Euro je Schuljahr für Kinder aus Hartz-IV-Familien. Der Zuschuss für Bücher, Hefte und Ranzen sei «völlig unzureichend und hat mit dem wahren Bedarf nichts zu tun», sagte er. «Wir haben im Berliner Wedding versucht, einen Erstklässler so günstig wie möglich mit dem Nötigsten auszustatten. Wir sind in keinem Fall unter 300 Euro gekommen.»
Der Verbandspräsident beklagte zudem, dass trotz aller politischen Anstrengungen die Bildungschancen armer Kinder in Deutschland deutlich schlechter seien als die wohlhabender Kinder. Vor diesem Hintergrund sei es unverständlich, dass mit sinkenden Schülerzahlen der Staat immer auch die Zahl der Schulen verringere und Lehrerstellen kürze. «Sinnvoll wäre es aber, das Geld im System zu lassen, obwohl wir weniger Kinder haben. Daraus könne ein pädagogischer Qualitätsschub» entstehen. Das wäre eine wichtige Maßnahme», sagte Hilgers.
Hilfe zur Selbsthilfe sei auch in punkto Bildung die beste Vorsorge, sagte er. «Sonst werden aus armen Kindern wieder nur Leistungsempfänger und nicht Leistungsträger. Das ist nicht nur eine menschliche Katastrophe, sondern auch eine ökonomische.»
Kinder häufiger arm als Erwachsene
Kinder in Deutschland sind häufiger arm als Erwachsene. Die Anzahl der Kinder, die in relativer Armut aufwachsen, ist in den letzten zehn Jahren gestiegen. Dagegen ist die allgemeine Armut kaum gewachsen.
Ein Bericht der Bundesregierung aus dem Mai hat hohe Armutsrisiken für bestimmte Gruppen von Kindern und Jugendlichen ermittelt. So sind etwa 40 Prozent der Kinder von Alleinerziehenden von Armut bedroht. Aber auch 30 Prozent der Migrantenkinder sowie fast zwei Drittel der Kinder von Hartz-IV-Empfängern sind betroffen.
Quellehttp: http://www.net-tribune.de/article/221208-38.php
Claudia Heine
Keine Erhöhung von Hartz-IV
SOZIALES
Der Bundestag hat eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze abgelehnt. Mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP wurden am 19. Dezember zwei Anträge von Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen abgewiesen, mit denen beide Fraktionen eine Anhebung der Regelsätze beim Arbeitslosengeld II (ALG II) und bei der Sozialhilfe erreichen wollten.
Der Antrag der Grünen (16/7113), der wie jener der Linken (16/7040) bereits Ende 2007 erstmals beraten worden war, forderte, die Anpassung der Regelsätze künftig an den Lebenshaltungskostenindex zu koppeln. Die Praxis, die Anpassung an die Entwicklung der Renten zu koppeln, sei realitätsfern. Zudem forderten die Grünen, die Regelsätze für Kinder und Jugendliche auf eine neue Berechnungsgrundlage zu stellen.
Die Linksfraktion hatte argumentiert, dass über 7 Millionen Menschen, die ALG II und Sozialhilfe beziehen, von Armut bedroht seien. Die Regelsätze seien zu niedrig, um die notwendigen Bedarfe zu decken, so die Fraktion. Sie forderte deshalb deren Erhöhung auf 435 Euro. In einem dritten, ebenfalls abgelehnten Antrag (16/8761), hatten die Grünen ihre Vorschläge zum Kampf gegen Kinderarmut konkretisiert. Sie forderten darin unter anderem, armen Kindern kostenloses Schulessen bereitzustellen und ihnen die Teilnahme an kommunalen Sport- und Musikangeboten zu gewähren.
Union und SPD kritisierten, den Anträgen fehle ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung der Kinderarmut, zudem sei die Herleitung der Forderungen nach einer Erhöhung der Regelsätze nicht nachvollziehbar. Die FDP begründete ihre Ablehnung unter anderem damit, dass bei mehr Bargeld in Form eines höheren Kinderregelsatzes nicht gewährleistet sei, dass dieses Geld auch tatsächlich in den Bedarf der Schulkinder fließe.
Ausdruck aus dem Internet-Angebot der Zeitschrift "Das Parlament" mit der Beilage "Aus Politik und Zeitgeschichte"
Ausgabe 52 vom 22.12.2008
© Deutscher Bundestag und Bundeszentrale für politische Bildung, 2008.
Kinderarmut: Für Geschenke bestraft
Wie kann man einem Kind, das von HarzIV lebt, ein Geschenk machen? Geldgeschenke zur Erfüllung eines besonderen Geburtstagswunschs beispielsweise, könnten als "Einkommen" gelten und zu einer entsprechenden Kürzung der Unterstützung führen.
http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/11/0,1872,7273803,00.html
06.11.2008
4. Forum "Deutschland für Kinder"
Gemeinsamer Appell von Kinderhilfsorganisationen
(Org-Beitrag). Mehr Unterstützung für Kinder und Familien: Das haben verschiedene Kinderhilfsorganisationen im Vorfeld des 4. Forums "Deutschland für Kinder" gefordert. In Berlin diskutieren Experten, Politiker, Pädagogen, Sozialarbeiter, Eltern und Kinder über Perspektiven für eine familienfreundliche Gesellschaft.
UNICEF, Deutscher Kinderschutzbund, Deutsches Kinderhilfswerk und das Bündnis für Kinder rufen mit dem „4. Forum Deutschland für Kinder“ dazu auf, Kinder besser vor Vernachlässigung zu schützen. Bund, Länder und Gemeinden müssen mehr tun, damit überforderte Familien rechtzeitig Unterstützung erhalten. Die Organisationen kritisieren, dass es nach wie vor an Angeboten zur Förderung von Kindern in schwierigen Lebenslagen und zur Beratung und Bildung für Eltern mangelt. Trotz der öffentlichen Debatte über einen „Erziehungsnotstand“ sind Erziehungsberatungsstellen in Deutschland so schlecht ausgestattet, dass Rat suchende Eltern oft mehrere Monate warten müssen.
„Verunsicherte Eltern brauchen frühzeitig Unterstützung. Es ist keine Schande, Rat zu suchen - im Gegenteil. Wir brauchen grundlegend bessere Rahmenbedingungen für Familien. Beratung und Bildung für Eltern müssen selbstverständlich dazu gehören“, sagte UNICEF-Botschafterin Sabine Christiansen. Bei dem „4. Forum Deutschland für Kinder“ diskutieren heute (Dienstag 21.10.08) in der Berliner Akademie der Künste Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen, Professor Dr. Hans Bertram, Humboldt-Universität Berlin, Professor Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler, FH Köln, sowie Pädagogen, Sozialarbeiter, Eltern und Kinder über geeignete Unterstützungsmaßnahmen für überforderte Familien und Perspektiven für eine familienfreundliche Gesellschaft.
Im Vorfeld des Forums hat der KI.KA von ARD und ZDF die Kummerkasten-Aktion „Elternzeugnis“ durchgeführt. 8.539 Kinder machten mit und stellten ihren Eltern in 16 „Fächern“ von „Liebe geben“ bis „Kann für mich Vorbild sein“ überwiegend gute Zeugnisse aus. Mütter schnitten mit der Durchschnittsnote 2,4 besser ab als Väter mit durchschnittlich 2,6. Die schlechtesten Noten erhielten Eltern beim „Zeit haben“. Väter bekamen hier im Schnitt nur eine 3, Mütter eine 2,6.
„Eltern sollten sich kritisch prüfen, ob sie ihren Kindern genug Zeit widmen“, betonte Hubertus Lauer, Vizepräsident des Deutschen Kinderschutzbundes. „Als Rezept gegen den Erziehungsnotstand wird häufig ein Elternführerschein gefordert. Für alles gibt es einen Schein, ein Zeugnis, eine Qualifizierung - für den Beruf, für Hobbys, fürs Auto - nur für Kindererziehung nicht. Doch eine Prüfung allein hilft den Kindern nicht. Was sie vor allem brauchen, ist Zuwendung.“
„Kinder sind unsere Zukunft. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Mädchen und Jungen aus sozial benachteiligten Familien ihre Zukunft ausschließlich als Bezieher von Hartz IV sehen“, so Thomas Krüger, Präsident des Deutschen Kinderhilfswerks.
Benachteiligte Familien werden allein gelassen
Vor allem Familien mit einem geringen Einkommen sind auf eine gute Infrastruktur für Kinder angewiesen. Die Ergebnisse empirischer Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass frühe Förderung sich insbesondere für Kinder aus benachteiligten Familien positiv auswirkt. Doch in Westdeutschland gibt es nur für rund sechs Prozent der unter Dreijährigen Betreuungsplätze. Zwar hat die Bundesregierung das Ziel, bis 2013 für 30 Prozent der unter Dreijährigen Plätze in Kindertagestätten aufzubauen. Doch in vielen Bereichen gibt es kaum Fortschritte, vielerorts sparen Kommunen und Länder zu Lasten der Familien:
* Die Finanzierung der Erziehungs-Beratungsstellen ist in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt zurückgefahren worden. Die Wartezeiten in Erziehungsberatungsstellen liegen bei zwei bis sechs Monaten. In einer Großstadt wie Köln muss eine Beratungsstelle 18.000,- Euro mehr jährlich durch Spenden einwerben als noch vor drei Jahren.
* Viele Modellprojekte wurden längst erfolgreich erprobt, aber die flächendeckende Umsetzung bleibt aus. So wird z.B. in Niedersachsen nur in jeder zweiten Kommune eine Familienhebamme finanziert.
An den Rand gedrängt - Kinder, die in Armut aufwachsen
Armut, Arbeitslosigkeit und mangelnde Perspektiven der Eltern verstärken die Gefahr für Kinder vernachlässigt aufzuwachsen. Rund 2,5 Millionen Kinder unter 18 Jahren leben in Familien, deren Einkommen höchstens auf Hartz IV Niveau liegt. Kinder sind damit deutlich häufiger von Armut betroffen als Erwachsene. In Ein-Eltern-Familien wachsen sogar 35 bis 40 Prozent der Kinder in relativer Armut (Familieneinkommen unter 60 Prozent des durchschnittlichen Nettoeinkommens) auf. In Haushalten ohne einen erwerbstätigen Elternteil leben 72 Prozent der Kinder unter der Armutsgrenze. Armut bedeutet für Kinder nicht nur einen Mangel an materiellen Gütern. Viele leiden unter beengten Wohnverhältnissen. Vor allem aber haben arme Kinder häufiger als ihre Altersgenossen gesundheitliche Probleme wie Übergewicht und psychische Störungen - oft eine folge mangelnder Zuwendung. Viele verlassen die Schule ohne Abschluss, weil sie weder in der Schule noch im Elternhaus ausreichend gefördert werden. Ohnehin werden Kinder aus bildungsfernen Familien im deutschen Schulsystem deutlich benachteiligt. Internationale UNICEF-Vergleichstudien zeigen, dass in Deutschland mehr als in fast allen anderen Industrieländern die Bildungschancen der Kinder von der Situation in ihrem Elternhaus abhängen.
Schutz vor Vernachlässigung - was getan werden muss:
Damit Kinder aus benachteiligten Familien gerechte Chancen auf eine bessere Zukunft erhalten, brauchen Kinder und Eltern gezielte Unterstützung. Dabei gilt: Je früher die Hilfe einsetzt, desto kostengünstiger und wirksamer ist sie. Spät einsetzende Unterstützung ist teurer und oft weniger erfolgreich für Kinder und Familien.
* Für die frühe Prävention muss flächendeckend ein niedrigschwelliges Beratungsangebot aufgebaut werden. Mütter-Cafés, Kinderkrippen, Kindertagesstätten und Schulen sollten selbstverständlich Eltern mit einbeziehen, ihnen Gespräche und Beratung anbieten.
* Elternkurse, Elterngesprächskreise sowie Elternberatung müssen ein selbstverständlicher Teil der Elternarbeit in jeder Einrichtung und Schule sein.
* Lehrer/innen und Erzieher/innen müssen aus- oder fortgebildet werden, damit sie für familiäre Probleme sensibilisiert sind und Beratungsgespräche führen können.
* Weiterführende Beratungsangebote wie Schulsozialarbeit und spezialisierte Fachberatung müssen ausreichend zur Verfügung stehen. Dazu müssen Länder und Kommunen mehr Mittel für qualifiziertes Personal zur Verfügung stellen.
05.11.2008
heute im Bundestag
Mehrere Experten plädieren für Kindergrundsicherung
Kinderkommission (Anhörung)/
Berlin: (hib/MPI) Der Ruf nach einer besseren Bekämpfung von Kinderarmut wird lauter. In einer öffentlichen Anhörung der Kinderkommission am Mittwochnachmittag sprachen sich mehrere Experten für ein grundlegendes Umsteuern aus. Die Geschäftsführerin des im Jahr 2002 auf Initiative der Arbeiterwohlfahrt gegründeten Zukunftsforums Familie, Barbara König, plädierte für die Einführung einer eigenständigen Kindergrundsicherung. "Ein solcher Schritt braucht politischen Mut", sagte sie. Das Ausmaß der Kinderarmut zeige aber, dass die derzeitige "Zerstückelung" familienpolitischer Leistungen zu wenig gebracht habe. König fügte hinzu, in Sozial- und Familienverbänden würden derzeit Beträge von 300 bis 450 Euro monatlich als Kindergrundsicherung diskutiert. Auch die wissenschaftliche Referentin beim Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) Sabine Schutter, äußerte ihre Zustimmung zu einer Kindergrundsicherung. Diese müsse aber bedarfsunabhängig ausgestaltet werden. Der Professor für Sozialwesen an der FH Erfurt, Ronald Lutz, sagte, eine Kindergrundsicherung müsse sich am tatsächlichen Bedarf der Kinder orientieren und die bisherigen Transferleistungen zusammenfassen.
Wie auch Barbara König hob Lutz jedoch hervor, dass es nicht ausreiche, Familien mehr Geld in die Hand zu geben. Vielmehr müssten gerade für "erschöpfte" Familien die aufsuchende Hilfe verbessert werden. Unumgänglich sei auch eine stärkere Vernetzung von Jugendhilfe, Kindertageseinrichtungen und Schulen. Gleichzeitig warnte der Professor: "Es gibt keinen Königsweg."
Von einem Versuch der besseren Vernetzung im Kampf gegen Kinderarmut berichtete die Jugendamtsleiterin der nordrhein-westfälischen Stadt Monheim, Annette Berg. Im Rahmen des Netzwerkes "Mo.Ki - Monheim für Kinder" sei die Kinder- und Jugendhilfe vor Ort systematisch umgebaut worden - weg von der Reaktion auf Defizite hin zur Prävention als aktive Steuerung und Gestaltung, betonte Berg. Ziel sei es, möglichst vielen Kindern eine erfolgreiche Entwicklungs- und Bildungskarriere zu eröffnen und diese abzusichern.
Die familienpolitische Referentin des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Marion von zur Gathen, forderte eine Änderung der Ermittlung der Höhe von Kinderregelsätzen im Bereich von Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe. Die Ableitung des Kinderregelsatzes aus dem Erwachsenenregelsatz sei nicht sachgerecht. Gerade in den Bereichen Ernährung, Bekleidung, Gesundheit und Bildung hätten Kinder andere Bedarfe als Erwachsene. Statt der gegenwärtigen Regelsätze in Höhe von 211 bis 281 Euro seien solche in Höhe von 276 bis 358 Euro notwendig, betonte Marion von zur Gathen. Wie der Leiter des Bereichs Arbeitsmarktpolitik beim DGB- Bundesvorstand, Wilhelm Adamy, urteilte sie, dass die kürzliche Anhebung der Regelsätze anhand des aktuellen Rentenwertes nicht angemessen sei. Adamy verlangte, dass der Regelsatz auf der Basis eines Gutachtens unabhängiger Experten vom Deutschen Bundestag festgesetzt werden solle. Als einen weiteren wichtigen Punkt erachtete er die Lernmittelfreiheit für alle Kinder.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktionsmitglieder: Dr. Bernard Bode, Claudia Heine, Sebastian Hille, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Annette Sach, Bernadette Schweda, Alexander Weinlein, Siegfried F. Wolf
17.10.2008
Wettlauf um mehr Bargeld gegen die „Kinderarmut“ in Deutschland
Politik, Recht & Gesellschaft
Pressemitteilung von: Deutsche Kinderhilfe e.V.
Deutsche Kinderhilfe fordert verantwortungsvolle und ehrliche Debatte statt vermeintlicher Klientelpolitik
Nach dem Paritätischen Wohlfahrtsverband entdeckt nun ein weiterer großer Wohlfahrtsverband das Thema, das auch eine immer größere Rolle in der Politik spielt: Kinderarmut. 1,8 Millionen Kinder leben demnach in Deutschland unterhalb der offiziellen Armutsgrenze und gelten daher als „arm“. Und das Rezept gegen diese rein finanziell betrachtete Armut ist auch schon bereit: mehr Geld für die Familien, denn wenn durch erhöhten Kinderzuschlag, mehr Kindergeld, erhöhte Schulzuschläge und – ganz wichtig – mindestens um 20 % erhöhte Hartz-IV-Regelsätze noch mehr Bargeld in den Familien ankommt, ist das Armutsproblem statistisch gesehen gelöst.
Gleichzeitig haben Einrichtungen und Projekte wie Archen, Tafeln und Suppenküchen Hochkonjunktur (auch unter dem Gesichtspunkt des Spendenvolumens) und belegen neben den dramatisch aufbereiteten Zahlen auch in der täglichen Arbeit, wie arm viele Familien und damit die Kinder sind.
Die Deutsche Kinderhilfe fordert ein Ende dieser stark verkürzten und sehr einseitig auf den Aspekt der finanziellen Ressourcen einer Familie bezogenen Armutsdebatte. Armut ist in erster Hinsicht Ausschluss von der gesellschaftlichen und bildungstechnischen Teilhabe. Es muss offen ausgespro-chen werden, dass in Deutschland eine Unterschicht entstanden ist, in der Millionen von Kindern, vor allem auch mit Migrationshintergrund, regelrecht von der Gesellschaft abgehängt wurden. Hervorgerufen durch die soziale Ausgrenzung und mangelnde Integration, gibt es eine erhebliche Anzahl von schlichtweg erzie-hungsunfähigen Eltern in Deutschland. Kinderarmut ist Familienarmut und darf nicht losgelöst von der De-batte um den Zustand der Kinder- und Jugendhilfe geführt werden.
Bargeld ist definitiv der falsche Weg, Familien dazu zu bringen ihre Kinder entsprechend zu fördern, denn Bargeld stellt keine Erziehungskompetenz her. Auch kostenlose Mittagessen und sog. "Tafeln" erreichen das Gegenteil von dem, was Kinder dringend benötigen: Kompetente Eltern, die in die Lage versetzt werden, ihren Kindern gesunde Mahlzeiten zuzubereiten. Laut einer Studie des Robert-Koch-Instituts sind 15% der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren übergewichtig, über 6% sind bereits als adipös und damit fettsüchtig zu bezeichnen. Auch diese Kinder, die in unserer Gesellschaft keine Chance haben werden, leben überwiegend in der Unterschicht und bedürfen anderer Konzepte als mehr Bargeld für Fast-food. Wir müssen Eltern stärker in die Verantwortung nehmen und ihnen Kompetenzen vermitteln, anstatt sie mit Barmitteln in der Hoffnung zu versorgen, dass sie dadurch aus der Armutsstatistik fallen und es kein Armutsproblem mehr gibt.
Was Deutschland braucht ist ein mutiger Umbau des derzeitigen Systems, das auf reine Baralimen-tation setzt, hin zu einem solchen, in dem der Grundsatz „Fördern und Fordern“ mit klaren Regeln aber auch Sanktionen vorherrscht. Skandinavische Länder wie Finnland haben vorgemacht, dass die Einführung von Verbindlichkeiten und auch der Einbehalt von Transferleistungen nicht zu Lasten der Kinder geht, sondern diese nachhaltig fördert. Die Förderung des Konsums der Eltern mag volkswirtschaftlich durchaus Effekte haben, den Kindern wird damit aber keine Perspektive gegeben. Die Umstellung etwa auf ein Gutscheinsystem wäre ein mutiger und richtiger Schritt, denn nur Kinder, die dadurch kostenlos Sport treiben, musizieren oder Sozialkompetenzen erwerben, haben eine Chance aus der Armut heraus zu kom-men.
Auch muss die Politik endlich ein familiengerechtes Steuersystem schaffen, in dem dann nicht mehr auf Windeln und Babynahrung 19 %, auf Katzenfutter jedoch nur 7 % Mehrwertsteuer zu zahlen sind.
„Kinderarmut, wie sie von großen Verbänden und Politik dargestellt wird, existiert so nicht in Deutschland und es drängt sich der Verdacht auf, dass hier ein Thema „wahlkampfreif“ geschossen werden soll, um bestehende Strukturen zu stärken und einen mutigen Umbau der Sozialsysteme zu verhindern“, so RA Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe.
Die Deutsche Kinderhilfe fordert von der Politik eine grundlegende Reform der Familienförderung: die Hartz-Reformen haben gezeigt, dass auch gegen gesellschaftliche Widerstände von Verbänden der Umbau eines reinen Transfersystems hin zu einem solchen, in dem auch gefordert wird, möglich ist.
10.10. 2008
Armutsrisiko Kind
Staat lässt Alleinerziehende im Stich
Viele Alleinerziehende, deren Kinder in Deutschland das größte
Armutsrisiko tragen, können vom Kinderzuschlag der Bundesregierung nicht profitieren.
Denn sie beziehen Unterhaltsleistungen, die ihnen in voller Höhe auf die
Förderung angerechnet werden.
Bericht weiterlesen:
http://frontal21.zdf.de/ZDFde/inhalt/0/0,1872,7383552,00.html
UNICEF BERICHT ZUR KINDERARMUT
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/504792?inPopup=true
Ein Armutszeugnis: In Deutschland lebt jedes sechste Kind unter der Armutsgrenze. Dies geht aus dem UNICEF-Bericht hervor, den Familienministerin von der Leyen präsentiert hat. Am schlimmsten betroffen sind Kinder von Alleinerziehenden.
Bericht weiter lesen :
26.05.2008
Kinder von Alleinerziehenden besonders arm dran
UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland
http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/5/0,3672,7245125,00.htm
http://www.kinderarmut-durch-hartz4.de/2-20080902102.html
UNICEF: Haushalte Alleinerziehender sind oft arm.
"(...) Kinder sind in Deutschland häufiger arm als Erwachsene. 35 bis 40 Prozent der Kinder in Ein-Eltern-Familien wachsen in relativer Armut auf. Sie bleiben auch länger in Armut als andere Kinder, die in diese Situation geraten."